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Mittwoch, 14 April 2021 09:00

Eltern eines ME/CFS-kranken Kindes

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Zu diesem Thema haben wir sehr unterschiedliche Erfahrungen bekommen. Meist ist ein Elternteil verständnisvoller, welches sich dann auch informiert und Ideen einbringt. Oft ist es die Mutter, die sich aufopferungsvoll dafür einsetzt und versucht, alles zu ermöglichen. Die Väter sind bei leicht Erkrankten eher die pragmatischen. Ganz nach dem Motto „das wird schon wieder, bisschen Bewegung und Ablenkung und die Welt sieht wieder besser aus.“

Die Arbeits- und „Gefühls“-Aufteilung zwischen den Eltern hat auch pragmatische Gründe, mindestens ein Elternteil muss ja meist für den Lebensunterhalt sorgen. Sich auch mal frei nehmen, wenn es geht, ist ebenso wichtig. 

Bei schweren Verläufen haben wir aber auch Beispiele bekommen, bei dem die Väter das Kind pflegen. Wir haben auch geschrieben bekommen, dass Elternteile am liebsten dem Kind einen Teil der Last abnehmen würden.

Der Unmut ist sehr groß, dass man so wenig tun kann, es zu wenig Anlaufstellen gibt und die Gesellschaft diese Erkrankung oft nicht ernst nimmt.

Es hilft immer wieder auf das zu schauen, was möglich ist und die allerkleinsten Momente gemeinsam zu genießen; sich bewusst zu machen, dass es das Schicksal des Kindes ist und es zu akzeptieren. Sich auch selbst Freude erlauben und die Freiheit, die man mehr als das Kind hat, soweit es noch möglich ist, zu nutzen.

Schlaue Ratschläge oder Vorwürfe von Ärzten stehen oft mit auf der Tagesordnung. Aussagen wie „Sie stehen Ihrem Kind selbst im Weg“ oder „Sie müssen beide lernen sich abzunabeln“ bekommt man zu hören. In der Anfangszeit, von einem Arzt zum Nächsten zu rennen und dennoch gibt es keine Diagnose oder irgendwelche Ansätze, die man verfolgen kann. Selbst Verwandte, Bekannte oder Arbeitskollegen geben vermeintlich gute Ratschläge und befeuern den Gedanken, ob es vielleicht nicht doch etwas Psychosomatisches sein könne.

Es kann auch eine Chance sein, zu Freunden und Bekannten, die kein Verständnis haben, auf Distanz zu gehen. Der Alltag ist ohnehin nur zu bewältigen, wenn man alles streicht, was nicht wirklich wichtig ist, einem nicht wirklich am Herzen liegt.

Man muss radikal lernen, auf sich zu hören und natürlich auf das kranke Kind und sich so wenig wie möglich über dumme Bemerkungen und Pseudo-Erklärungen zu ärgern, die leider auch oft von scheinbaren medizinischen Autoritäten kommen. Trotzdem tut echte Anteilnahme und Mitgefühl gut!

Akzeptieren, dass es nur individuelle Lösungen gibt, wenn schon nicht um gesund zu werden, so doch um bestmöglich mit der Krankheit umzugehen. Sich auch Raum zum Trauern geben. Meist leidet das Kind zusätzlich zu allem anderen auch darunter, den Eltern so zur Last zu fallen. Das ohne Schuldzuweisungen oder -gefühle und mit Humor zu nehmen, kann allen Seiten nur helfen.

Die Vermittlerrolle, in die Eltern gezwungen werden, ist auch manchmal schwierig, denn die schwer Erkrankten können ja kaum für sich selbst sprechen.

Als Elternteil eines erkrankten Kindes hat man einige Hürden zu meistern, man muss sehen und lernen das Kind nicht zu überfordern. Lernen damit umzugehen, was es heißt, wenn das Kindt sagt „ich kann nicht mehr“. Verschlechterungen durch zu viel Belastung entgegenzuwirken, das Leben weiter herunterfahren und auf die Grenzen der Energie des Machbaren zu achten.

Bei Minderjährigen muss man mutig sein, sich mit der Schule, Jugendamt oder Gericht auseinanderzusetzen. Wenn nötig auch in die Gesetze einzulesen und sich Hilfen zu holen. Ärzten und Kliniken gegenüber bestimmt auftreten, auch wenn über die Erkrankung fast keine Information in deren medizinischen Wissen vorhanden ist.

Beweisen, dass der Erkrankte nicht kann und es ihm nicht an Willen fehlt. 

Mit kleinen, sehr kleinen Schritten, die teilweise so minimal sind, dass es lange dauert, um eine Verbesserung zu erzielen. Diese fallen jedoch auch fast keinem auf. Ein Prozent mehr Energie kann dauern, bis der Körper es dauerhaft annimmt.

Jedoch kann dies mit einer einzigen Überbelastung sofort wieder weg sein und das auf Monate.

Die Bindung zum Kind ist dadurch oft verstärkt, meist reicht ein Blick, um zu wissen, wie es dem Erkrankten gerade geht. Dennoch ist es ein Drahtseilakt, zwischen Familie, Beruf und dem eigenen Leben.

Elternteile kämpfen für ihre Kinder, setzen sich zusätzlich für die Aufklärung ein und wollen etwas bewegen. Ein Teil davon engagiert sich im Verein Elterninitiative in München https://www.mecfs-kinder-muc.de/

Per WhatsApp und Facebook wird ein monatliches Online Meeting, jeden ersten Sonntag im Monat, angeboten.

Vielen lieben Dank an alle Eltern für ihre Unterstützung, um diesen Beitrag zu gestalten.

 

Bilder: 
Claudia
Sandra

Gelesen 1901 mal Letzte Änderung am Dienstag, 27 April 2021 09:57
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