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Mittwoch, 11 November 2020 17:19

17-jähriger Junge wird von Arzt wegen Erschöpfungszuständen als Faulenzer und Simulant abgestempelt

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Mein Sohn (inzwischen 17) ist betroffen. Der frühere Kinderarzt glaubte jedoch sicher an eine Depression und Schulverweigerung, da die erste schwere Phase nach einer Krebsdiagnose und Schulproblemen auftrat.

Diesbezüglich wurde mein Sohn auch behandelt, machte regelmäßig (an guten Tagen) extreme Fortschritte... und landete immer wieder im Crash mit schweren Schmerzen und Erschöpfungszuständen. Darüber sollte ich nach dem Arzt hinweggehen und ihn in die Schule zwingen, da das alles psychosomatisch, wenn nicht gar eingebildet sei.

Ich war als Mutter sehr verzweifelt, da ich sah, wie mein Sohn kämpfte und litt. Als wir mal wieder wegen der starken Schmerzen meines Sohnes beim Kinderarzt waren, durfte ich mir dann den Rat anhören: "Sie sollten sich mal nach Bonn an Dr. Winterhoff wenden, der kann Ihnen und Ihrem Sohn bestimmt weiterhelfen." Dr. Winterhoff ist ein Kinder- und Jugendpsychologe, der auf gestörte Mutter-Kind-Beziehungen spezialisiert ist. Der Kinderarzt war der Meinung, ich würde mit meiner Fürsorge einen Krankheitszugewinn für meinen Sohn produzieren und ihn somit künstlich krank erhalten.

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Ein weiteres Erlebnis hatten wir bei einem Neurologen, der sogar damit warb im Focus Gesundheit als einer der TOP100-Spezialisten ausgezeichnet zu sein. Als sein Fachgebiet nennt er insbesondere chronische Schmerz- und Erschöpfungszustände. Unser Termin war um Punkt 15 Uhr. Um 17.30 Uhr waren wir immer noch nicht dran. Leider nickte mein Sohn dann vor Schmerz und Erschöpfung im Wartezimmer ein, weshalb ich dann auch nochmal freundlich Druck bei der Arzthelferin machte. Als der Arzt dann kam, echauffierte sich der Herr über den müden Zustand meines Sohnes, schaute weder in die Unterlagen, noch ließ er mich zu Wort kommen ("Sie habe ich nicht gefragt, der Junge ist mit 15 alt genug, um selbst mit mir zu reden.") und begann einen unverschämten Monolog nach dem Motto:

"Solche wie dich kenne ich zu genüge, das wird eine klassische Hartz IV Karriere - willst du das? Ich brauche gar nicht in die Unterlagen zu schauen, das liegt ja hier alles auf der Hand. Spielst du Fußball? Machst du Sport? Kannst du nicht reden?" Dann führte er den Monolog weiter über irgendwelche Superfussballer, von denen ja auch viele mal krank waren und heute wieder gesund sind.

Ich hatte mich dann inzwischen ein wenig gefasst, nachdem ich echt sprachlos über all das war und mischte mich ein, er möge bevor er weiter mache erst mal die Hintergründe aufnehmen, nicht die ersten Seiten der Unterlagen, sondern insbesondere die letzten, dass Depression und Co inzwischen als Ursache ausgeschlossen (wenn auch durch die Umstände inzwischen vorhanden) und wir ihn betreffend seiner Qualifikation als Spezialist für chronische Schmerz- und Erschöpfungszustände aufsuchten.

Dann nahm er tatsächlich einzelne Fakten der letzten Diagnosestellung auf, stellte fest, dass mein Sohn in allen Therapien immer bestmöglich und aktiv mitgearbeitet hatte, die Erfolge sich aber immer nur kurzfristig einstellten (bis zum nächsten Crash). Und erklärte dann erneut mit Nachdruck:

"Also in diesem Zustand kann man ja gerade gar nichts machen. Wir machen jetzt einen neuen Termin in vier Wochen, zu dem du gefälligst ausgeruht erscheinst, sonst kann ich nicht mit dir arbeiten. Dann musst du eben mal früher ins Bett gehen, wenn du einen Arzttermin hast. Und wenn Du bis zum nächsten Termin weitere Fehlzeiten in der Schule hast, brauchst du auch nicht wieder kommen, weil ich nur mit Patienten arbeite, die auch wirklich gesund werden wollen ..."

Der hatte nichts kapiert, wollte aber weiter groß tun. Ich denke, diese beiden Aktionen sind traurigerweise beispielhaft für unsere Erlebnisse als Erkrankte und Angehörige mit ME / CFS und vergleichbaren mitochondrialen Dysfunktionen.

Inzwischen haben wir glücklicherweise einen Arzt gefunden, der meinem Sohn nicht nur glaubte, sondern mit seiner Fachkenntnis die Aussagen meines Sohnes durch klare Untersuchungsergebnisse (spezielle Blutuntersuchungen) belegte.

Bei ihm fühlen wir uns nicht nur verstanden (ja, auch ich als Mutter erhalte viel Input und Verständnis), sondern auch gut aufgehoben, da er sich stetig weiterbildet um uns uns seinen anderen Patienten weiter zu helfen.

Die Autorin ist der Redaktion bekannt

Gelesen 2087 mal Letzte Änderung am Sonntag, 14 Februar 2021 10:15
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