Repost Dr. Stingl

In der letzten Zeit war ich mit dem Thema #LongCovid überraschend oft in den Medien, irgendwie immer als jemand, der was fordert.

Nur als zwei Beispiele: Artikel Science ORF bzw. Artikel Kleine Zeitung

Neben den Forderungen hätte ich aber auch ein paar konkrete Vorschläge, da es mir unverständlich ist, warum wir nach wie vor kein systematisches Konzept zur Betreuung von Menschen mit #LongCovid haben.

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Natürlich ist es klar, dass es wie so oft wohl unter anderem an unterschiedlichen Zuständigkeiten scheitert.

Trotzdem: der niedergelassene, primärversorgende Bereich muss intensiv über Post Exertional Malaise und die Abgrenzung zu "normaler" Fatigue geschult werden. Bei #PEM ist nämlich #Pacing das Mittel der Wahl.

Weiters *muss* bei allen Betroffenen ein Schellong-Test gemacht werden - bzw. können den die Leute auch zu Hause machen!

Ein posturales orthostatisches Tachykardiesyndrom (#POTS) oder eine orthostatische Hypotension müssen abgeklärt und bei Vorhandensein behandelt werden. Solche Probleme der Kreislaufregulation sind häufig, wie beispielsweise diese aktuelle Fallserie wieder zeigt: https://www.heartrhythmcasereports.com/article/S2214-0271(21)00223-2/fulltext?fbclid=IwAR0qfNHKIvG2MY7iZZQoR_guG752wlFvoFWT8yY7xZmUbjnNX6gQhrc9QRE

Wenn zusätzlich auch Wissen zum Mastzellenaktivierungssyndrom (#MCAS) da wäre, noch besser. Viele Betroffene profitieren von einem Einsatz von Antihistaminika (https://jim.bmj.com/content/70/1/61?fbclid=IwAR2UpGeKtWdaQ2xq_Hqem_nP6g2Epwa-dujj3nhbpZQhNbL8s9EEjoXsaao).

Nicht alle Betroffenen werden medizinische Hilfe brauchen, das Spektrum der Symptomschwere ist groß.

Internistische, lungenfachärztliche, etc Abklärung ist wichtig, oft aber ergebnislos. Viele Betroffene haben letztendlich ein "typisches" postvirales Syndrom.

Bei vielen ist hoffentlich - vor allem dann, wenn frühzeitig mit Pacing begonnen wird - analog zu anderen postviralen Syndromen mit einer Besserung über die Zeit zu rechnen (https://www.bmj.com/content/333/7568/575.long?fbclid=IwAR1p3L56d_xq414gedMJl4P1kqWmyeJX0nN4IoLl81ona5tbEzgBezqhO1w). Das kann durchaus mehrere Monate dauern.

Diese Zeit muss den Leuten aber gegeben werden.

Zu frühe Überbelastung ist kontraproduktiv. Danke an die #ÖGK, dass dies bezüglich Gewährung von Krankenstand zuletzt deutlich besser geklappt hat als zu Beginn der Pandemie.
Zusätzlich braucht man bei vielen Betroffenen Möglichkeiten wie die Wiedereingliederungsteilzeit, die immer mehr zum Einsatz kommt. Für viele ist ein Arbeitsversuch nämlich oft nur mit reduzierten Stunden möglich.

Dazu müssen Arbeitgeber über die Bedürfnisse von Menschen mit Long Covid informiert werden, wie vermehrte Pausen, arbeitsfreien Tagen oder Möglichkeit zu Home Office.
Es ist auch wichtig, den richtigen Zeitpunkt für eine Rehabilitation zu finden. Das hängt oft sehr von der aktuellen Leistungsgrenze ab. Zu frühe Überaktivierung kann maximal kontraproduktiv sein.

Glücklicherweise hat sich hier in den Rehazentren sehr viel getan, da die Rehabilitation bei Post Exertional Malaise oder Dysautonimie anders angelegt werden muss als bei "regulären" Rehabilitationsindikationen.

Es gibt aber auch viele Menschen, wo Long Covid nicht oder nicht ausreichend besser wird und wo dann #MECFS entsteht.

Für diese Menschen brauchen wir endlich systematische, spezialisierte Anlaufstellen mit ausreichend personellen und zeitlichen Ressourcen - sowohl für die Betreuung als auch zur Forschung.

Und darüber hinaus brauchen diese Menschen finanzielle Absicherung.

Die #PVA muss hier ihr sehr spezielles Bild von Arbeitsfähigkeit überdenken. Es hilft nicht der Genesung, wenn Belastung durch Existenzangst und Gerichtsverfahren dazu kommt.
Viel davon gibt es (teilweise) schon, bei vielem müsste aber endlich von oben agiert werden, vor allem bei spezialisierten Ambulanzen und der Absicherung.

Man könnte dann hoffentlich viel unnötige Chronifizierung von Long Covid zu ME/CFS verhindern.
Natürlich gibt es auch Faktoren, die außerhalb des Ermessens der österreichischen Institutionen liegen - die bisher unscharfe Definition von Long Covid zum Beispiel. Wenn ich von Long Covid spreche, dann meine ich eben das Erscheinungsbild, das viele Überschneidungen mit bisher bekannten postviralen Syndromen hat.