📌 Traditionell sorgen die Selbstzahlerleistungen – abgekürzt IGeL – oft für Ärger bei den Patientinnen und Patienten, weil sie sich von den Ärzten dazu gedrängt fühlen. Was sollte hier geschehen?

➡️ Die regelmäßigen Untersuchungen des Medizinischen Dienstes zeigen, dass die große Mehrheit des IGeL-Angebots keinen erkennbaren Nutzen hat. Einige schaden sogar, weil sie häufig falsch positive Befunde liefern und dadurch unnötige weitere Untersuchungen und Eingriffe nach sich ziehen.

➡️ Ich fordere ganz klar: Leistungen, die von den medizinischen Fachgesellschaften als schädlich bezeichnet werden, haben in Arztpraxen nichts zu suchen und gehören verboten, auch im Rahmen von IGeL.

📌 Herr Schwartze, glaubt man den Ärzteverbänden, steht die medizinische Versorgung in Deutschland unmittelbar vor dem Kollaps. Merken Sie das in den Anfragen der Bürgerinnen und Bürger?

➡️ Das ist übertrieben. Allerdings hören wir tatsächlich viele Klagen darüber, dass es große Probleme gibt, einen Termin beim Haus- oder Facharzt zu finden.

📌 Bei welchen Krankheiten suchen die Menschen Rat?

➡️ In der Mehrzahl der Fälle geht es um Long Covid und ME/CFS – also das chronische Erschöpfungssyndrom. Die Zahl der Betroffenen ist inzwischen sehr, sehr hoch.

➡️ Weil das Wissen auch in der Ärzteschaft fehlt, werden sie schnell in die Ecke einer psychischen Erkrankung gestellt, wo sie definitiv nicht hingehören.

➡️ Und sie berichten davon, dass ihr Leiden auch in den Sozialversicherungen, also insbesondere in der Kranken- und Rentenversicherung, keine Anerkennung findet und sie wie Simulanten behandelt werden.

📌 Übertreiben die Betroffenen nicht vielleicht doch?

➡️ Ganz und gar nicht. Wir hören von vielen Schicksalen, bei denen wirtschaftliche Existenzen ganzer Familien wegbrechen, weil Erkrankte nicht mehr arbeiten können und sie langsam aus allen Sozialsystemen herausfallen.

➡️ Ich appelliere an die Ärzteschaft, an das Pflegepersonal, aber auch an Ämter und Behörden: Nehmen Sie diese Menschen sehr ernst, gehen Sie angemessen mit ihnen um und helfen Sie, wenn immer es geht!

➡️ Das gilt auch für die Jugendämter, schließlich sind auch Kinder und Jugendliche betroffen.

📌 Was muss noch getan werden?

➡️Wir müssen vor allem die Forschung voranbringen. Die im Haushalt 2024 bereitgestellten 150 Millionen Euro können dafür nur ein Anfang sein.

➡️ Gefordert ist insbesondere auch das Forschungsministerium von Bettina Stark-Watzinger, das für die Grundlagenforschung zuständig ist.

Quelle: rnd - RedaktionsNetzwerkDeutschland